Die sportliche Leistungsfähigkeit wird von vielen leistungsvoraussetzenden Faktoren bestimmt (vgl. Abbildung 1). Diese Faktoren beeinflussen sich teilweise gegenseitig bzw. sind voneinander abhängig. Erst die ausgewogene Abstimmung und der ideale Grad der Ausprägung aller Faktoren führen zur sportlichen Höchstleistung.

Einer dieser Faktoren im Komplex der sportlichen Höchstleistungsvoraussetzungen ist die Technik. Die sportliche Technik ist eine „in der Praxis entstandenes und erprobtes Verfahren zur bestmöglichen Lösung einer bestimmten sportlichen Aufgabe“ (Meinel, 1961, S. 242). Des Weiteren kann man die sportliche Technik als eine Art Idealmodell oder Leitbild einer Bewegung bezogene auf eine Sportdisziplin betrachten.

Die Basistechnik beschreibt dabei eine Entwicklungsstufe der Bewegungskoordination, die dem technischen Leitbild entspricht. Sie ist der „Grundpfeiler“, aus dem sich weitere mögliche, im Hochleistungsbereich angewandte, Zieltechniken entwickeln lassen. Das (sporttechnische) Leitbild ist ein „empirisch und möglichst auch wissenschaftlich optimierter Lösungsalgorithmus für die jeweilige Bewegungsaufgabe“ (Schnabel, S. 123). Die Zieltechnik ist ein angepasstes Leitbild der sportlichen Technik an den/die Schwimmer*in. Es berücksichtigt dabei den Ausbildungsstand und die Anatomie.

„Im Idealzustand müssen technisches Leitbild (Idealtechnik) und Zieltechnik übereinstimmen. Die Ziel-technik wird im Schwimmen mehr durch Erfahrungen und Eindrücke bestimmt als durch wissenschaftliche Analysen“ (Rudolph, 2008, Lexikon des Schwimmtrainings, S. 414).

Die Schwimmtechniken unterliegen den Wettkampfbestimmungen und sind nicht zeitlos zu betrachten (Beispiele: Änderung der Wettkampfbestimmungen zur Rückenrollwende (1991), zum Brust Tauchzug (2014), zur Wende von Brust zu Freistil bzw. die Freistilwende beim Lagenschwimmen (2017)).

Eine gut ausgebildete Schwimmtechnik wird insbesondere von einer vielseitigen Anwendung koordinativer Fähigkeiten und der Qualität von Bewegungsfertigkeiten bestimmt. Die Schwimmtechnik spiegelt dabei den Ausbildungsstand der Sportler*innen in den jeweiligen Ausbildungsetappen wider.

Eine zunehmende Ökonomisierung der Bewegungsabläufe in der langfristigen Leistungsentwicklung und damit eine effiziente Schwimmtechnik sind im Hochleistungssport die Basis für den späteren Erfolg bei internationalen Meisterschaften. Für den Erwerb der Basistechniken (Grundtechniken) hin zur individuellen Schwimmtechnik sind motorisch günstige Lernphasen zu beachten und entsprechend in den Aufbau der Langfristigen Trainingsetappen einzuplanen.

Bei der Vermittlung von Schwimmtechniken sind Grundprozesse des Motorischen Lernens zu beachten. Dabei spielen unter anderem die motorische Entwicklung, die motorische Kontrolle und die Analyse der sportlichen Bewegung eine Rolle. Bei der Gestaltung von Techniktraining ist die Informationsaufnahme und -verarbeitung im Medium Wasser besonders zu betrachten. Hier gilt es insbesondere die taktile und kinästhetische Wahrnehmung („Wassergefühl“) zu schulen und zu vervollkommnen.

Jede Form des Technik- und Technikerwerbstraining beansprucht das zentrale Nervensystem intensiv. Daher sollte bei der zeitlichen Gestaltung der Trainingseinheit darauf geachtet werden, dass insbesondere im Anfängerbereich, das Techniktraining immer vor dem Konditionstraining geplant wird. Auch bei der Planung der Technikeinheiten innerhalb der Zyklisierung sind die Regenerationsprozesse und -zeiten zu berücksichtigen.

 

Motorik

Motorik bezeichnet die Gesamtheit aller Steuerungs- und Funktionsprozesse, die der Haltung und Bewegung zugrunde liegen (Bös & Mechling, 1983).

Eine bestimmte sportmotorische Leistung wird durch eine Vielzahl spezifischer Faktoren innerhalb eines komplexen Bindegefüges determiniert. Der Ausprägungsgrad dieser sportmotorischen Leistung wird als sportliche Leistungsfähigkeit bezeichnet. Die Qualität und Ausprägung der motorischen Fähigkeiten bestimmen dabei die Qualität der zu beobachtbaren Bewegungsleistung.

Motorische Entwicklung

Während des Wachstums sind körperliche Reifungsprozesse die wichtigsten Triebfedern für die motori-sche Entwicklung; nach Abschluss des Wachstums werden sie überwiegend von motorischen Lernpro-zessen unter Einwirkung vielfältiger Umgebungseinflüsse bestimmt. Zudem entwickelt sich die Motorik in verschiedene Richtungen, wobei im Zeitfenster des Lebens unterschiedliche Phasen zu erkennen sind (Geraedts, 2020, Motorisches Lernen, S. 1-27).

Die, für die schwimmerische Ausbildung erste relevante Phase der menschlichen Entwicklung, beginnt ab dem Vorschulalter (ca. 4-6/7 Jahre). In dieser Altersstufe zeigen die Kinder eine ausgeprägte Bewegungsbereitschaft und Lernfreude. Diese Phase „sollte lenkend dahingehend ausgenützt werden, daß der Erwerb einer umfassenden Fertigkeits-basis über eine Vielzahl von Elementarübungen durch das Anbieten von Lerngelegenheiten erreicht wird“ (Weineck, 2004, Sportbiologie, S. 357). Die Dauer des sportlichen Übens sollte dabei kurz sein und viel Freude verbunden werden.

Die anschließende Altersstufe, das frühe Schulkindalter, erstreckt sich von 6/7 Jahren bis 10/11 Jahren. Eine Vielzahl von Basistechniken in der Grobkoordination zu erlernen und mit der Zeit zu verbessern steht in dieser Altersspanne im Zentrum. Begründet wird es durch die äußerst günstigen psychophysischen Voraussetzungen für den Erwerb motorischer Fertigkeiten. In der Folge (spätes Schulkindalter) sollten durch zielgerichtetes Trainieren die grundlegenden sportlichen Techniken, wenn möglich hin zur Feinform, erworben werden. Besonders bedeutungsvoll in dieser Lernphase ist ein qualitativ hochwertiges Ergänzen des Bewegungsschatzes an gelernten Bewegungs-fertigkeiten. Das heißt, dass keine falschen Bewegungen automatisiert werden sollen. Ein späteres Umlernen soll vermieden werden.

Bis hierhin entwickeln sich die motorischen Fertigkeiten rasant. Mit Einsetzen der ersten puberalen Phase (Pubeszenz) ist der Körper verstärkt mit dem körperlichen Umbau und den verbundenen sich ändernden Körperproportionen beschäftigt. Folglich verlangsamt sich die motorische Entwicklung. Die Adoleszenz (zweite puberale Phase) wiederum sollte zur Perfektionierung der sportspezifischen Techniken genutzt werden. Nach der Pubertät bildet sich die persönliche motorische Note aus.

Die Anforderungsprofile, der Entwicklungsstand einzelner Trainingsetappen und die günstigen Phasen der Trainierbarkeit (= Trainingsableitungen), im Hinblick auf die motorischen Fertigkeiten und Fähigkeiten, in der langfristige Entwicklung der körperlichen Leistung im Kindes- & Jugendalter, können unter diesem Punkt nachgeschlagen werden.

Motorisches Lernen

Neue komplexe motorische Fertigkeiten (= sichtbare Vollzüge von Bewegungen) zu erlernen ist wohl das höchste Erreichbare der bewussten motorischen Steuerung. Diese motorische Lernfähigkeit fußt auf der adaptiven Fähigkeit neuronaler Netze, sich zu reorganisieren (Geraedts, 2020, Motorisches Lernen, S. 111-134).

Am Ende sieht der Außenstehende (zum Beispiel der/die Trainer*in) nur das motorische Ergebnis, jedoch nicht den Ablauf des Lernens.

Motorisches Lernen führt nicht nur zu einer Leistungsverbesserung, sondern in der Regel auch zu geringerer Variabilität in der Bewegungsausführung, größerer Bewegungsökonomie (die Bewegungen strengen weniger an) und abnehmender Interferenz mit anderen gleichzeitig ausgeführten Aufgaben (Automatisierung) (nach Crosman, 1959, A theory of acquisition of speed skill. Ergonomics, 2, 153-166. (2000), Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg).

Definitionen und Merkmale

Grobkoordination:

Entwicklungsstufe der Bewegungskoordination im Verlauf der Herausbildung von Bewegungshandlungen, die bereits alle wesentlichen Merkmale (Grundzüge) der angestrebten Bewegungshandlung aufweist, wobei jedoch noch Mängel und Unvollkommenheit auftreten (spolex.de aufgerufen 17.9.2020).

Merkmale:

  • Gedankliches Erfassen der Lernaufgabe; grobe Vorstellung des Bewegungsablaufs
  • Ein spezifisches Bewegungsgefühl existiert noch nicht; erste Bewegungsversuche gelingen meistens nicht
  • Die Bewegung beinhaltet viele überflüssige Mitbewegungen, da ständig Korrekturmechanismen aktiv werden; Kopplung der Teilbewegung noch nicht perfekt
  • Grobe, meist fehlerhafte Gliederung des räumlich-zeitlichen Bewegungsablaufs; Fehlender Rhythmus
  • Undifferenzierter Krafteinsatz
  • Hoher Energieaufwand
  • Hoher Konzentrationsaufwand

Feinkoordination:

Entwicklungsstufe der Bewegungskoordination im Verlauf der Herausbildung von Bewegungshandlungen, die unter gewohnten und störungsfreien Bedingungen einen fehlerfreien, dem angestrebten technischen Leitbild voll entsprechenden Bewegungsablauf ermöglicht und die Voraussetzung für höhere Leistungen und eine relativ hohe Beständigkeit bildet (spolex.de aufgerufen 17.9.2020).

Merkmale:

  • Entstehung von Bewegungsteilentwürfen
  • Verbesserung des Bewegungsgefühls
  • Geringerer Konzentrationsaufwand
  • Geringere Störanfälligkeit durch äußere Faktoren
  • Entwicklung zum Leitbild
  • Bestimmender Leistungsfaktor

Automatisierung:

Prozess der durch häufiges Üben bewirkten Vervollkommnung bzw. Perfektionierung motorischer Handlungen, der eine bewusste Ausführung und Kontrolle entbehrlich macht (spolex.de aufgerufen 3.12.2020).

Merkmale:

  • Es existieren differenzierte Programme mit hoher Stabilisation
  • Starke Differenzierung des Bewegungsgefühls
  • Optimale Koordination der stabil reproduzierbar ablaufenden Teilbewegungen
  • Geringerer Konzentrationsaufwand
  • Geringerer Energieaufwand

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